Clair Obscur: Expedition 33 - Test/Review
Ihr wolltet immer schonmal erfahren, wie JRPGs wohl wären, wenn sie in Frankreich entwickelt werden würden?
Von Lars Hack am 22.05.2025 - 02:59 Uhr

Fakten

Plattformen

Xbox Series S

Xbox Series X

PlayStation 5

PC

Publisher

Kepler Interactive

Entwickler

Sandfall Interactive

Release

24.04 2025

Genre

Rollenspiel

Typ

Vollversion

Pegi

16

Webseite

Preis

49,99 Euro

Media (11)

DAS RPG-Highlight 2025?!


Ihr wolltet immer schonmal erfahren, wie JRPGs wohl wären, wenn sie in Frankreich entwickelt werden würden? Dann hält Entwickler Sandfall Interactive endlich die Antwort für euch parat! Mit Clair Obscur: Expedition 33 schickt man uns in eine Fantasywelt der besonderen Sorte - und auf ein spannendes Abenteuer mit guter Story, Bildgewalt und brillanter Musik.

Der Countdown zum Ende


Die Welt von Clair Obscure ist eigentlich am Ende, postapokalyptisch und auf dem Weg noch weiter abwärts. Vor 67 Jahren hat sich der Bruch ereignet, eine titanische Zerstörung, die die Kontinente der Welt auseinandergerissen und Landschaften, Städte und Orte wild durcheinander geworfen hat. Eine der letzten Bastionen der Menschheit - wenn nicht gar die letzte - ist die Stadt Lumière, die aussieht wie ein Paris des 19. Jahrhunderts. Während man damals noch versuchte zu verstehen, was eigentlich passiert war, konnte man am Horizont den Monolithen sehen: eine riesige Steinsäule, die sich in den Himmel schraubt und auf deren Front die Zahl 100 in glühenden Zeichen stand. Seitdem erhebt sich jedes Jahr eine gigantische Gestalt neben dem Monolithen, die Malerin, deren einzige Aufgabe es zu sein scheint, alljährlich die glühende Zahl vom Monolithen zu wischen und um eins herunter zu zählen. Jeder Mensch, dessen Alter mit der Zahl auf dem Monolithen übereinstimmt, löst sich auf, in einem Wirbel aus Staub und Blütenblättern. Die Bewohner Lumières nennen dieses Ereignis die Gommage, die Auslöschung, und suchen seitdem einen Weg, die Malerin bei ihrem Tun zu stoppen. Zwar hat man den Monolithen in einigen hundert Kilometern stets im Blick und damit ein klares Ziel vor Augen, jedoch ist der Kontinent zwischen der Stadt und der Steinsäule bevölkert von Nevrons - wilde Bestien, die der Fantasie der Malerin entsprungen zu sein scheinen. Inzwischen sind 67 Jahre vergangen. 67 Jahre, in denen stets die ältesten Menschen einfach ausgelöscht werden. Niemand in Lumière ist älter als 32 inzwischen, da das Spiel pünktlich zur diesjährigen Gommage losgeht. Während wir also noch den Verlust unserer Liebsten verdauen, müssen wir auch den Blick zum Horizont richten. Wie jedes Jahr wird auch dieses Jahr eine Expedition ausgesandt, in der Hoffnung, die Malerin zu stoppen. Während diese Expeditionen früher noch hunderte Mitglieder hatten, sind es dieses Jahr nur noch eine Handvoll mutiger Seelen, die hoffen, das zu erreichen, was die 67 früheren Expeditionen nicht geschafft haben. Manche in der Stadt haben sich ihrem Schicksal bereits ergeben, nicht aber unsere Hauptcharaktere. Und kaum haben wir Fuß auf den Kontinent des Monolithen gesetzt, müssen wir erkennen, dass es mehr als die üblichen, erwarteten Monster sind, die zwischen uns und der titanischen Malerin stehen. Aber aufgegeben wird nicht. Erfolg oder tot sind die einzigen Optionen für die Expedition 33, deren Zahl wir auf unseren Uniformen tragen, während wir ums Überleben kämpfen.

Actiongeladener Rundenkampf


Im Herzen ist Clair Obscur ein Rollenspiel. Wir steuern unsere Gruppe an Helden durch die Welt, sammeln Ausrüstung und Verstärkungsmaterialien, führen Gespräche, treffen Händler und bestreiten natürlich auch eine Menge Kämpfe… Weltretten ist selten eine friedliche Angelegenheit. Aber fangen wir erstmal von vorne an, dem Navigieren durch die Spielwelt jenseits von Lumière. Die Welt von Clair Obscure ist aufgeteilt in Level, die einzelne Gebiete darstellen, und der Weltkarte. In beiden Ebenen können wir auf Gegner treffen, wobei wir in Gebieten stets zu Fuß unterwegs sind, auf der Weltkarte allerdings schnelleren Transport zur Verfügung haben, der nach und nach upgegradet wird, um uns mehr Teile der Spielwelt zu eröffnen. Die einzelnen Gebiete sind dann eher schlauchig, mit den ein oder anderen Nebenwegen, um spezielle Beute, Materialien oder spezielle Gegner zu finden. Gegner können wir immer schon von weitem sehen, Zufallsbegegnungen gibt es keine. Stattdessen können wir Gegner vor einem Kampf mit einer Fähigkeit treffen, die uns dann im rundenbasierten Modus den ersten Schlag zugesteht. Dabei ist rundenbasiert actiongeladener, als man es von vielen Genrekollegen kennt. Unsere Helden haben zunächst vier, später mehr Optionen pro Kampfrunde parat: ein freies Schießen, mit dem wir Schwachpunkte von Gegnern für spezielle Effekte treffen können, einen Standardangriff, Fähigkeiten und Items. Schießen und Fähigkeiten verbrauchen AP, die wir entweder durch Standardangriffe generieren, oder indem wir Gegner parieren und ausweichen. Denn sind wir richtig gut, müssen unsere Helden nie Schaden nehmen! Jeden Angriff, den Gegner auf uns werfen, können wir entweder mit einem frame-perfect Tastendruck komplett parieren und in einen Gegenschlag verwandeln oder versuchen, mit dem etwas großzügigeren Ausweichen Schaden zu vereiteln. Gelingt uns das, können wir auch AP generieren. Das bedeutet eben auch, dass wir auch in Gegnerrunden den Controler nicht aus der Hand legen dürfen, da wir immer auf den nächsten Angriff gefasst sind. Ähnlich verhält es sich mit unseren Fähigkeiten. Diese kommen immer mit kleinen, schnell erlernbaren Quick Time Events daher, durch die wir Angriffsketten verlängern oder Extraeffekte heraufbeschwören. Zusätzlich hat jeder Spielcharakter eine eigene Mechanik, die auf ihre Fähigkeiten anspielt. Nehmen wir einfach mal unsere Magierin, Lune, die mit jeder Fähigkeit Farbpigmente unterschiedlicher Elementar-Ausrichtungen generiert. Haben wir die passenden Pigmente dann auf unserer Palette, können diese dann andere Fähigkeiten verstärken. Ein Beispiel: Wirken wir unseren Eiszauber, generieren wir ein Eispigment. Wirken wir dann in der Folgerunde unseren Flammenzauber, der durch Eispigmente verstärkt wird, laden wir mehr Stapel des Brenneffekts auf dem Gegner ab. Ähnlich verhält es sich mit allen anderen Charakteren. So wechselt die Fechterin Maelle mit jeder Fähigkeit in eine von vier Kampfhaltungen, die dann Auswirkungen auf ihre Fähigkeitseffekte haben. Während unsere Helden Kampf um Kampf absolvieren, sammeln sie Erfahrungspunkte, Levelups und dadurch auch Stat- und Fähigkeitspunkte. Mit letzterem erlernen wir neue Fähigkeiten auf den Skilltrees, die jeder unserer Helden hat. Die Statpunkte stecken wir dagegen in fünf verschiedene Skills,die Stärke, Verteidigung, Krit-Chance und ähnliche Werte passiv stärken. Auf der Item-Seite hält sich Clair Obscur recht schlank und elegant. Wir finden zwar verschiedene optische Rüstungen und Haarstyles für unsere Expedition, Auswirkungen auf das Kämpfen haben aber nur unsere Waffen. Diese skalieren mit verschiedenen unserer Stats, haben eigene Effekte und können aufgewertet werden. Das alles macht die Charakterentwicklung überraschend vielfältig. Wir müssen Stats, Fähigkeiten und die passenden Waffen unserer Recken ganz entsprechend unserem Spielstil anpassen. Maelle könnte beispielsweise einen Degen ausrüsten, der sie leichter in eine bestimmte Kampfhaltung wechseln lässt, wodurch eine ganz neue Rotation an Fähigkeiten, ganz ohne Leerphasen, möglich wird. Abgesehen davon finden wir vor allem die Währung der Welt, Chroma, Aufrüstungsmaterialien, Cosmetics und Pictos in der Welt, der letzte Mosaikstein in Sachen Charakterentwicklung. Das sind Ausrüstungsoptionen, die passive Boni geben, die aber nach einer bestimmten Zeit des Ausgerüstet-Seins gemeistert sind. Dann müssen wir den einzelnen Picto nicht mehr ausrüsten, sondern können dessen Fähigkeit einfach mit in die Liste aktiver Effekte für unseren Charakter aufnehmen. Das klingt vielleicht alles etwas kompliziert - und ist es anfangs auch. Auftakt für die nächste Überschrift!

Steile Lernkurve, die sich lohnt


Attribute, Fähigkeiten, Pictos, Waffen - auch wenn Clair Obscur zumindest versucht, uns langsam an all seine Elemente heranzuführen, es kann schnell recht erschlagend wirken. Die große Individualität, die wir in jeden Charakter einbringen können, ist ein zweischneidiges Schwert. Fans großer Experimente, die genau die richtige Mischung aus allen Facetten knobeln wollen, kommen hier voll auf ihre Kosten. Ich hab mich dabei zwischendurch etwas träger angestellt und meistens erst, wenn ich bei einem Bosskampf feststeckte, längere Upgrade-Sessions eingelegt, die Attribute meiner Charaktere zurückgesetzt und mal ganz frisch alles auf Vordermann gebracht. Wie gesagt, die Kurve ist steil, eröffnet uns aber eine Welt der Möglichkeiten. Apropos Welt. Entwickler Sandfall Interactive hat hier etwas Großartiges geschaffen. Wie viele skurrile und kreative Gamingwelten haben wir alle doch schon in Videospielen gesehen, aber dem französischen Entwickler ist es gelungen, etwas Neues auf die Beine zu stellen. Die Welt von Clair Obscure, beginnend bei Lumière bis hin zum Monolithen am Horizont, platzt vor Ideen und wunderschönen Szenerien schier aus allen Nähten. Sowohl unsere monströsen Widersacher, als auch Verbündete, stammen alle aus einer Welt irgendwo zwischen FromSoftware und Guillermo del Toro. Ab und an hat man vielleicht das Gefühl, dass man die Partikeleffekte etwas zurückschrauben könnte, aber die gehören nach einer Weile ganz zum Charme des Spiels. Ob abends im Lager, während Kämpfen oder beim Reisen durch die Welt, optisch wird hier in der obersten Liga gespielt. Und auch die Ohren können sich auf das Spiel freuen. Zwar gibt es keine deutsche Synchronisation, dafür haben die englischen und französischen Sprecher einen brillanten Job abgeliefert. Und erst der Soundtrack! In jeder Situation die passende Untermalung, mit einem Hit, der ins Ohr geht, nach dem nächsten. Selbst wenn ihr euch nicht mit dem Gameplay anfreunden könnt, ein Reinhören in den Soundtrack kann ich trotzdem nur empfehlen. Mit rund 25-30 Stunden Spielzeit, verschiedenen Schwierigkeitsgraden und reichlich Nebencontent, abseits der Hauptstory, macht Clair Obscur auch jenseits des technischen einen guten Schnitt. Dazu kommt, dass es während meines Tests keine Bugs gab - kein Feststecken, keine Abstürze, keine Probleme mit dem eng getimten Kampf. Damit bleiben meine einzigen Kritikpunkte recht sachte: der pseudo-turnbased Kampf wird nicht jedem gefallen und das Perfektionieren eurer Ausrüstung wird definitiv eure Zeit mitbeanspruchen.

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